Leadership versus Hands-on-Code: Das Dilemma des akademischen Mittelbaus
Akademische Publikationsglanzleistungen, korrekte Lehre, interessante Demonstratoren für die Drittmittelakquise, Sondierung des akademischen Nachwuchses, …
So sieht das Tagesgeschäft ja durchaus aus. An den Forschungsinstituten und Hochschulen Deutschlands sind dies die Indikatoren für erfolgreiche Arbeit an der Forschungsfront. Inwieweit kann ich dies umfänglich leisten? Diese Frage stellte ich mir kürzlich bei meiner jährlichen Rückschau auf geleistete und unterbliebene Anstrengungen und Resultate in diesem anspruchsvollen Bauchladen. Mir fiel dabei auf, dass es in meiner Praxis einige Parameter gibt, die kritisch sind und voneinander abhängen. Hier meine Erkenntnis, die nicht bahnbrechend sein mag, aber man vergisst dies gerne mal und bei Professoren und/oder Top-Management mögen andere Indikatoren wirken:
– Die “Glücksformel”: idealerweise möchte ich mit 3 Mitarbeitern, Studenten an einem Thema arbeiten und involviert sein = Hands-on-Code + Leadership. Die Mitarbeiter sollten genügend Eigenmotiviation mitbringen, um auch mit Phasen des Comfortably-Lost umgehen zu können. [Dank an den von mir sehr geschätzten John Maeda, der exzellentes hard-blogging betreibt und hervorragende Forschung macht, allerdings ähnliche Probleme hat].
– Die Praxis: es gibt oft Gründe, die dazu führen, dass die Teamgröße >> 3 beträgt. In diesen Fällen braucht es entweder ein gnadenloses Zeitmanagement, was bei mir dazu führt, dass jegliche wissenschaftliche Kreativität auf der Strecke bleibt, oder die Mitarbeiter können mit einem Dauerzustand des “Comfortably-Lost” perfekt umgehen, was man evtl. nicht per-se erwarten darf.
Fazit, Zwischenstand, Blick in meine Blackbox: Ich betreue derzeit etwa 9 Studenten/Mitarbeiter in 3-4 Themensträngen. Ich habe Anträge geschrieben, ich war Koautor und konnte noch einige “Remixes” veröffentlichen. Trotzdem, schaue ich auf Demonstratoren, grundlegende Forschungserkenntnisse, den gefühlten Flow beim Arbeiten, dann bin ich in den letzten 6 Monate mit einigen Punkten meiner Performance nicht zufrieden.
Der Diskurs ist hiermit eröffnet, ich freue mich über jeden Comment!
May 10th, 2006 Kategorie: Diskurs
4 Comments Add your own
1. 020200 | May 10th, 2006 at 12:13 pm
http://www.node3000.de/020200/index.php?itemid=152
Von dem genialen Experimentalgameplay Project. Meine Lieblingszeile: Gather a Kickass Team and an Objective Advisor – Mindset is as Important as Talent.
Ansonsten verweise ich auf das dir ebenfalls sehr bekannte Incomplete Manifesto von Bruce Mau. http://www.brucemaudesign.com/manifesto.html
2. Lars Zapf | May 10th, 2006 at 12:26 pm
Prinzipiell kann ich Dir da nur zustimmen. Die deutsche/europäische Forschungslandschaft produziert einfach zu wenig verwendbaren Output. Bestes Beispiel ist die neue europäische Suchmaschine Quaero. In diesem Projekt soll durch eine Verschwendung von Steuergeldern versucht werden, etwas vergleichbares wie Google herzustellen, das dann im Endeffekt eh keiner benutzen wird, v.a. nicht da Google und Yahoo zum Zeitpunkt der Fertigstellung schon wieder 5 Schritte voraus sind. Weiterhin läuft es mir kalt den Rücken herunter, wenn ich mir die deutsche Förderpolitik (speziell die des BMBF) anschaue. Gefördert wird schon lange nicht mehr, was gut ist, sondern… (hier verkneife ich mir den Kommentar). Auch kann doch ein Kriterium für die Förderung der Wissenschaft nie das Geld sein, sondern der Output. Hatten denn Brin und Page ein vom BMBF gefördertes Projekt? Ich glaube nicht, sonst gäbe es Google nicht. Keiner der Leute, die die Wissenschaftslandschaften auf beiden Seiten des Atlantiks kennengelernt haben, hat jemals das deutsch/europäische System gelobt (zumindest von den Leuten, die ich getroffen habe nicht).
Manchmal lieber Stephan, liegt es aber auch einfach nur an der “Unternehmenskultur”, wenn keine Outputs entstehen. Man kann sich nicht hinter einem großen Namen verstecken und nichts leisten. Oftmals sehe ich v.a. aus den kleinen Forschungsgruppen (
3. Lars Zapf | May 10th, 2006 at 1:39 pm
Den gesamten Kommentar gibts unter:
http://larszapf.blogspot.com/2006/05/deutsche-forschungslandschaft.html
4. baumann | May 10th, 2006 at 1:53 pm
Think global, act local. Es lag mir fern, zu verallgemeinern, institutsweit oder gar national zu argumentieren, ich finde es spannender exakt in meinem Mikrokosmos Veränderung zu betreiben. Hier stelle ich fest, dass ich ganz persönlich hochkreative Phasen mit viel Output hatte und eben Phasen, die spärlicher ausfielen und das alles am gleichen Institut in Deutschland. Daher kann ich Deine harsche Verallgemeinerung nicht ganz teilen, evtl. auch ein deutsches Phänomen “die Schuld liegt am System” dies hier mal als Ball-zurück-Argument.
Quaero: auch hier bin ich mir nicht so sicher, wenn man einmal die französische Suchmaschine exalead aufsucht, die in diesem Konsortium mitwirken wird, so sind die Ergebnisse erfrischend anders als bei den alten Platzhirschen.
Übrigens, Brin und Page waren Ph.D Studenten, d.h. sie waren Teil des akademischen Systems, sie wurden betreut, sie waren in Teams, sie wurden ausgebildet UND sie hatten eine hohe Eigenmotivation und kreative Freiräume, die sie zu nutzen wussten… Auch hier kann ich die harte Kritik am System nicht teilen, sondern verweise auf die indiviuelle Verantwortung.
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